Das Gesundheits- und Sozialwesen ist ein zentraler Bestandteil jeder Gesellschaft, da es das Wohl der Bevölkerung und den sozialen Zusammenhalt sichert. Dennoch sieht sich dieser Sektor sowohl weltweit als auch auf nationaler Ebene mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die seine Effizienz, Erreichbarkeit und Qualität unter Druck setzen.
Demografischer Wandel
Einer der wichtigsten Faktoren und eine der Hauptherausforderungen ist der demografische Wandel. Mit einer alternden Bevölkerung steigt die Nachfrage nach medizinischen und pflegerischen Dienstleistungen. Immer mehr Menschen benötigen chronische und langfristige Pflege, was das bestehende System an seine Kapazitätsgrenzen bringt. Gleichzeitig sinkt der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung, was zu einer geringeren Finanzierung durch Sozialabgaben führt.

Ungleicher Zugang zur Versorgung
In ländlichen Regionen ist der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen oft deutlich eingeschränkter als in städtischen Gebieten. Dies führt zu Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung und kann langfristig soziale Spannungen verschärfen. Maßnahmen wie die Förderung von Telemedizin und die Unterstützung mobiler Pflegedienste sind Ansätze, um dieser Problematik zu begegnen, benötigen jedoch nachhaltige Förderung und Anpassung an lokale Gegebenheiten.
Psychische Gesundheit
Das Thema psychische Gesundheit ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus gerückt, doch die Versorgungslage hinkt der gestiegenen Nachfrage hinterher. Lange Wartezeiten auf Therapieplätze und fehlende Präventionsmaßnahmen sind allgegenwärtig. Die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen schreitet voran, muss aber durch eine strukturelle Verbesserung der Versorgungsangebote ergänzt werden.
Fachkräftemangel
Der Mangel an qualifiziertem Personal ist ein weiteres schwerwiegendes Problem. In vielen Bereichen des Gesundheitswesens, insbesondere bei niedergelassenen Ärzten, Fachärzten sowie in der Pflege, gibt es einen erheblichen Personalmangel. Dies führt zu Überlastung des vorhandenen Personals, steigenden Überforderungen bestehender Systeme und einer insgesamt abnehmenden Qualität der Versorgung.
In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, die ärztliche und/oder pflegerische Ressource flächendeckend und zeitnahe an Einsatzorte bringen zu können, bleibt der Rettungsdienst häufig als einziger, niederschwelliger und permanent verfügbarer mobiler Gesundheitsdienstleister übrig. Dem Rettungsdienst kommen dabei in seiner Rolle zwangsläufig Aufgabenstellungen anderer Gesundheits- und Sozialdienstleister zu. Insbesondere in Regionen, in denen niedergelassene ÄrztInnen in Randzeiten nicht mehr oder nur mehr sehr eingeschränkt auf Hausbesuche gehen bzw. in denen die Wartezeit auf eine Visite aus Sicht des Betroffenen zu lange ist, wird der Rettungsdienst ungewollt zum Ersatz der allgemeinmedizinischen Versorgung. Ambulante Pflegedienste verfügen nur selten über Nacht- und mancherorts auch über keine Wochenendbereitschaft. Als Rückfallebene wird der Rettungsdienst als mobiles Auffangnetz verwendet und agiert in der Regel transportorientiert, was wiederum dazu führt, dass dieser zur weiteren Ressourcenüberlastung in den Krankenhäusern beiträgt.
Lösungsansatz: Acute Community Nurse (ACN)
Nach derzeitiger Datenauswertung ist davon auszugehen, dass im Bundesland Niederösterreich ein beträchtlicher Anteil an Rettungseinsätzen bzw. an Ambulanzkontakten in den Krankenanstalten durch eine vorgelagerte präklinische Betreuung und Versorgung vermeidbar ist.

Mit der Implementierung des Pilotprojektes „Acute Community Nurse“ im Jahr 2020 soll analysiert werden, inwieweit der Einsatz von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege mit abgeschlossener Ausbildung zum Notfallsanitäter die Lücke in der Versorgung zwischen dem niedergelassenem Bereich sowie der mobiler Pflege und der innerklinischen Versorgung schließen kann.

Ziel dabei ist es eine flächendeckende, zeit- sowie wohnortnahe Versorgung und Betreuung bei akuten gesundheitlichen Problemen sicherzustellen. Durch den Einsatz dieses Fachpersonals sollen nicht erforderliche Transporte in Kliniken vermieden werden und bestehende niedergelassene Gesundheits- und Sozialsysteme optimal ergänzt werden. Dies soll nachhaltig sowohl einen Vorteil für die betroffenen Patienten als auch für die involvierten Stakeholder bringen.